Der Salzwedeler Baumkuchen

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BAUMKUCHENGESCHICHTEN: Der Salzwedeler Baumkuchen - eine Legende in Vergangenheit und Gegenwart, Ausstellung im Johann-Friedrich-Danneil-Museum Salzwedel, vom 12.05. bis 05.11.2006

Der Baumkuchen ist eines der bekannten Identifikationszeichen der Stadt Salzwedel. Auch wenn der Baumkuchen in anderen Orten Deutschlands und der Welt eine Heimstatt hatte, kommt dem Salzwedeler Backwerk eine besondere Stellung zu. Legenden und Erzählungen existieren. Lieder wurden über ihn geschrieben. In der Literatur wird er erwähnt. In der bildenden Kunst ist er ein Thema.

Die Geschichte des Salzwedeler Baumkuchens ist gleichzeitig ein Stück Geschichte der Stadt und ihrer Bürger. Aus dem 19. Jahrhundert sind die ersten Nachrichten vom Salzwedeler Baumkuchen überliefert. Im 20. Jahrhundert verbreitete sich sein Ruf weltweit. Er war wichtiger Exportartikel und ist heute immer noch ein schönes Gastgeschenk. Mehrere Betriebe in der Stadt stellten und stellen Baumkuchen her und vertreiben ihn. Der Baumkuchen gehört zur Geschichte und Gegenwart von Salzwedel. Er war und ist Kulturgut und Wirtschaftsfaktor.

In der Jahresausstellung 2006 des Danneil-Museums sind zahlreiche Objekte, Dokumente und Kunstwerke zu Vergangenheit und Gegenwart des Salzwedeler Baumkuchen zu sehen.
In vier Bereichen wird über die Geschichte des Baumkuchens informiert und ein Einblick in die Technologie gegeben. Die Reflexion des Themas in den verschiedenen Gattungen der bildenden und angewandten Kunst wird betrachtet und Bilder sowie Objekte der zeitgenössischen Werbung präsentiert. Ein ständig zu erweiterndes „Baumkuchenlexikon“ kann dabei für Besucher sehr hilfreiche Auskünfte geben. Mehrere Medienstationen geben mit Filmen und Hörstücken interessante Anregungen.

Ein Begleitprogramm mit verschiedenen Veranstaltungen ergänzt die Ausstellung. Speziell für Kinder gibt es die Möglichkeit, selbst in der Ausstellung aktiv zu werden bzw. auch erweiterte museumspädagogische Angebote zu nutzen.

 

Von Baum, Spieß und Kuchen - Technologie und Rezeptur

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Konditoren beim Backen und Glasieren von Baumkuchen, Detail einer Werbe- postkarte der Firma C. Peters, um 1900

Der Baumkuchen gilt schon über Jahrhunderte als ganz besonderes Produkt der Konditorei. Er wurde deshalb auch als Motiv für das Wappen der Konditoren verwendet.

Der Baumkuchen erhielt seinen Namen durch die stark an Jahresringe eines Baumes erinnernden Schichten des Kuchens. Sowohl das gesamte äußere Erscheinungsbild, wie auch der ringförmige Querschnitt eines Baumkuchens sind durch den speziellen Herstellungsprozess bedingt, der ihn grundlegend von vielen anderen Konditoreierzeugnissen unterscheidet. Der traditionelle Baumkuchen wird heute noch über offenem Feuer auf einer sich drehenden Walze in mehreren aufeinander folgenden Backvorgängen hergestellt. Der flüssige Teig wird auf die sich vor dem Feuer drehende Walze gegossen. Nachdem eine Lage durch den Backvorgang gebräunt ist, wird die nächste Lage aufgetragen, bis der Kuchen seine Endstärke erreicht hat. Die Technik, Nahrungsmittel auf einer Walze bzw. einem Spieß zuzubereiten, wurde schon in frühen Kulturstufen der Menschheit genutzt. Aus dem antiken Griechenland sind Brotbackwaren bekannt, die in Strängen geformt auf Stangen am Feuer gebacken wurden. Aus dem 15. Jahrhundert existieren Rezepte zum Backen von Kuchen an einem Spieß. Dieser wurde bis zum 17. Jahrhundert wohl aber nur als relativ fester Teig um einen Spieß gewickelt. Erst danach verbreitete sich die heute noch übliche Herstellungsweise, eine relativ flüssige Eierteigmasse schichtweise aufzutragen und zu backen. Der Stadtkoch von Itzehoe, Marcus Looft, veröffentlichte dann in der Mitte des 18. Jahrhunderts sein Niedersächsisches Kochbuch. Dort beschrieb er das bis heute noch geltende Prinzip der Baumkuchenherstellung in Technologie und Teigbereitung.

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Von Bäckern und Königen - Zur Geschichte des Baumkuchens

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Die traditionelle Baumkuchenbäckerei in der Holzmarktstraße 4-6, hier zur Zeit des Inhabers Fritz Gerecke, um 1900

Aus der frühen Zeit des Salzwedeler Baumkuchens ist wenig bekannt. Unterschiedliche Ansichten existieren über die ersten Konditoren, die den Baumkuchen in Salzwedel heimisch gemacht haben.

In einer Lesart ist die Wirtin des Salzwedeler Ratskellers Madam bzw. Mademoiselle Lentz die Begründerin der Salzwedeler Baumkuchentradition am Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie soll ein Rezept aus der Familienüberlieferung aus dem Ende des 18. Jh. ausprobiert und popularisiert haben. Eine andere Argumentation sieht die Baumkuchentradition aus der Bäcker- und Konditorfamilie Schernikow stammend. In einem 1807 datierten Rezeptbuch finden sich Rezepturen für den Baumkuchen. Der Name Schernikow als königlicher Hoflieferant wurde zum Werbeträger und Markennamen bis in die Gegenwart hinein. Besuche des preußischen Königs in Salzwedel werden in der Überlieferung im Zusammenhang mit dem wachsenden Bekanntheitsgrad des Salzwedeler Baumkuchens genannt. In der Zeit um 1900 etablierten sich auch andere kleinere Fabriken und Cafés, die Baumkuchen herstellten und vertrieben. Ab 1928 wurden die beiden wichtigsten Hauptfirmen der Baumkuchenproduktion, Fritz Gerecke und Emil Schernikow, durch den neuen Inhaber Fritz Kruse zu den Vereinigten Salzwedeler Baumkuchenfabriken zusammengeschlossen und nahmen einen erneuten Aufschwung, der durch die Kriegszeit aber zum Erliegen kam. Während der Zeit der DDR produzierten mehrere Betriebe Salzwedeler Baumkuchen. Nach dem Jahr 1989 wurde die Baumkuchenproduktion unter marktwirtschaftlichen Bedingungen neu formiert.

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Stadt der Baumkuchen - Der Baumkuchen als Werbegegenstand und Imagezeichen von Salzwedel

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Poststempel mit Werbemotiv Baumkuchen, 1932

Auf einer Bildpostkarte von Salzwedel aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts ist der Schriftzug „Stadt der Baumkuchens“ zu sehen.

Auch wenn das kein offizieller Titel oder Beiname wurde, findet man in der Selbstdarstellung der Stadt Salzwedel und ihrer Bürger immer wieder den Hinweis auf dieses regionale Gebäck.
Bei offiziellen Anlässen wird heute der Baumkuchen als Geschenk durch Vertreter der Stadt überreicht. Künstler erhalten als Dankeschön den Baumkuchen als regionales Präsent. In der Internetpräsentation der Stadt Salzwedel ist der Baumkuchen zentrales Gestaltungselement. Auf Image- und Werbematerialien hat der Baumkuchen seinen festen Platz.
Auch im Stadtbild ist der Baumkuchen durch die Werbegestaltungen einer ganzen Reihe von Bäckereien, Cafés und Verkaufsstellen im Jahre 2006 nicht zu übersehen. Der Baumkuchen wird in verschiedenen Formen als Symbol abstrahiert.

Mit dem Rückbesinnen auf die werbewirksame Tradition erfahren auch deren bildliche Hinterlassenschaften eine Renaissance. Im Jahre 2006 stellen vier Bäckereien in Salzwedel Baumkuchen her. Für die Firmenlogos der Geschäfte auf Verpackungen und Werbematerialen des 20./ 21. Jahrhunderts fanden oft historische Bildvorlagen Verwendung, die den Baumkuchen in einer Reihe von grafischen Gestaltungen und Kombinationen zeigten. Dabei werden überkommene Gestaltungselemente auch variiert, um sie modernen Bedürfnissen anzupassen.

Zentrales Element der Bildgestaltung bei allen Werbematerialien bleibt die charakteristische Gestalt des Baumkuchens, der auch zentrales Element des Wappens der Konditorinnung überhaupt ist.

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Zwischen Kunst und Kuchen - Der Baumkuchen als Motiv der Kunst

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Rasenzeichnung "Baumkuchen, Jenny Marx und der lange Arm der Geschichte im Garten des Jenny-Marx-Hauses Salzwedel

Die Wertschätzung des Baumkuchens spiegelt sich auch in der Bildenden Kunst, der Literatur und Musik wider.

In literarisch verarbeiteten Kindheitserinnerungen von Fontane, Reutter oder Fallada taucht er auf. Die kurzen Erwähnungen zeigen dort die Erinnerung an kindliche Sehnsüchte, an Naschereien und die beeindruckende Größe und Schmackhaftigkeit eines Baumkuchens. Immer wieder wiederholte Episoden aus der Geschichte des Salzwedeler Baumkuchens gehen auf eine literarische Vorlage aus dem Jahre 1932 zurück.

Die hier geschilderten Ereignisse prägen nachhaltig die heutige Geschichtsbetrachtung und Traditionsdarstellung. Mehrfach entstanden bis in die jüngste Vergangenheit hinein kleine Verse, die dem Baumkuchen huldigten. In Zeitungsbeiträgen oder auch auf dem Notgeld der Stadt Salzwedel wurden diese veröffentlicht. Ebenso widmen sich Musikstücke mit ihren Texten diesem Thema. Das Spektrum reicht vom traditionellen Schlager bis zu den intensiven Rhythmen einer jungen Nachwuchsgruppe.

Naturgemäß findet der Baumkuchen als bildkünstlerisches Motiv Beachtung. Die Palette reicht dabei von naturalistischen Detailzeichnungen über symbolhafte Darstellungen bis hin zu Collagen und räumlichen Technik-Installationen. Maler und Grafiker aus der Region haben einzelne Arbeiten zu dieser Thematik geschaffen. Interessant sind dabei die Unterschiede der einzelnen Handschriften und die künstlerischen Ansatzpunkte. Einige Arbeiten zum Baumkuchen stammen von Künstlern, die im Salzwedeler Künstler- und Stipendiatenhaus mehrmonatige Arbeitsstipendien erhalten hatten. Für diese aus verschiedenen Gegenden Deutschlands stammenden Stipendiaten gehört der Baumkuchen natürlich zum allgegenwärtigen Besonderen von Salzwedel und wurde auch reflektiert.

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